Sind Sie für eine Reform des Bildungssystems? Wenn ja, welche Veränderungen sind Ihnen besonders wichtig?
Bildung und Ausbildung geht von der frühen Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Die Kindergärten sind in ihrer Bedeutung für den künftigen Lebensweg nach wie vor unterschätzt. Ich glaube, Kinder lernen von sich aus gerne, wenn sie klein sind.
Die Freude am Lernen geht mitunter in der Schule verloren. Das ist das Schlimmste, was man über ein Schulsystem sagen kann. Wichtig ist mehr Zuwendung zum Individuum sowie die Förderung der Stärken, anstatt immer auf die Schwächen zu schauen. Darüber hinaus ist die Entscheidung zwischen Hauptschule und AHS mit 9 bis 9 1⁄2 Jahren für Kinder, Lehrer und Eltern zu früh.
Die Universitäten sind chronisch unterfinanziert. Hannes Androsch hat neulich eine Statistik vorgelegt: Was die TU Wien bekommt, was die TU München bekommt, geschweige denn die ETH Zürich. Da liegen einfach Welten dazwischen. Da muss man bewundern, was die TU Wien trotzdem zusammenbringt. Ich kann nur dafür plädieren, die universitäre Ausbildung nicht zu vernachlässigen.
Was mir nicht gefällt, sind die Aufnahmeprüfungen an der Uni, weil eine Tagesleistung abgerufen wird und das keine Auskunft gibt, ob jemand im Studium erfolgreich sein wird. Für mich ist die Matura die Voraussetzung für das Studium und alles andere ergibt sich dann im Studium. Es ist schwierig, dass Studenten vor vielen Hürden stehen - schon alleine bei den Wartezeiten. Da müssen wir viel machen.
Wichtig ist die Durchgängigkeit des Bildungssystems. Dass jemand, der eine Lehre gemacht hat, wirklich eine Chance bekommt, bis zum Studium durchzumarschieren.
Was die Ganztagsschule anbelangt, bin ich dafür, das freiwillig zu gestalten. Wenn Vater und Mutter keine Zeit haben, soll es die Möglichkeit geben, dass man am Nachmittag gut betreut ist. Also Hilfe bei der Hausübung, aber auch Freizeitgestaltung: Sport usw.. Wo rundherum ein Freundeskreis vorhanden ist und das Leben normal läuft, ist die Ganztagsschule nicht zwingend notwendig.
Das Gleiche betrifft die Kindergartenpflicht. Also wo ich aufgewachsen bin, waren wir immer ein Haufen Kinder. Da war die Kindergartenpflicht nicht das, was man unbedingt haben muss. Also auch hier: Freiwilligkeit und nicht Pflicht. Bei einem Jahr ist das OK. Aber für zwei Jahre bin ich nicht.
Ich bin
absolut für eine Bildungsreform. Für mich wäre ein erster Schritt die flächendeckende
Einführung von Ganztagsschulen. Weil es viele Kinder gibt, die in Familien
aufwachsen, wo ihnen niemand zeigt, wie man lernt. Kinder, die aus Familien
kommen, in denen Eltern an Bildung interessiert sind, tun sich da viel
leichter. Aber es gibt genug Kinder, für die das nicht zutrifft. Da muss man
ansetzen.
Ein weiterer wesentlicher Punkt wäre, dass man alles tut, damit die
Lehrerinnen und Lehrer in der Gesellschaft wertgeschätzt werden. Das ist der
wichtigste Beruf überhaupt. Und die Besten werden sich für den Lehrberuf nur
entscheiden, wenn er wertgeschätzt ist. Für mich wäre ein weiteres wichtiges
Anliegen, dass künstlerische Fächer, die zur Persönlichkeitsbildung und zur
selbstbestimmten Gestaltung des Lebens beitragen, forciert werden. Das ist auch
für die Gesellschaft ganz wichtig.
Ich bin auch sehr dafür, in der Schule ein Fach "Kritisches Denken" einzuführen, in dem die jungen Leute lernen, ihre Einstellungen und Meinungen kritisch zu hinterfragen. Bildung ist für mich überhaupt der Schlüssel für alles.
Hundstorfer
In den letzten Jahren wurden wichtige Impulse in Richtung gerechteres und effizienteres Bildungssystem gesetzt, beispielsweise mit den Ausbau der Ganztags- und Gesamtschulformen oder dem Erfolgsprojekt Lehre mit Matura. Die Zukunft eines Landes liegt in den Händen ihrer Jugend und diese wiederum kann ihr volles Potenzial nur durch die richtige Ausbildung entfalten. Deswegen ist es wichtig, weiterhin für ein sozial faires Bildungssystem einzustehen, das die Menschen individuell fördert. Die soziale Herkunft darf bei der Qualität der Bildung keine Rolle spielen, weder in der Schule, noch in der Lehre und auch nicht auf den Universitäten.
Khol
Ich bin für das Leistungsprinzip und für ein differenziertes Schulsystem, bei dem die Talente und Interessen unserer Kinder berücksichtigt werden. Als Bundespräsident werde ich mich für wertebezogene Bildungsziele, gesetzliche Rahmenbedingungen der Bildungseinrichtungen, finanzielle Mittel und professionell ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer einsetzen.