Gibt es ein konkretes österreichisches Anliegen, wofür Sie sich in der EU oder international einsetzen würden?

Van der Bellen

Die Europäische Union ist dabei auseinanderzubröseln. Das Flüchtlingsdrama ist nur das akuteste Beispiel, wo die Mitgliedstaaten nicht im Stande sind, zu einer Lösung zu kommen. Ich sehe darin ein fundamentales Problem in der Konstruktion der Union. Es ist zu viel Macht bei den Mitgliedstaaten und zu wenig bei der Kommission und dem Europäischen Parlament, also zu viel Nationalstaaterei. Deswegen ist es schwer, die Flüchtlinge fair zu verteilen. Die Union sollte anders organisiert sein, um Handlungsfähigkeit herzustellen. Sie darf nicht zerbröseln. Dafür würde ich werben wollen.

Hofer

Was die Briten ausverhandelt haben - den Anreiz zu setzen, dass Menschen ins Land kommen, die sich hier tatsächlich etwas aufbauen und im Job aktiv sein wollen - halte ich für einen guten Ansatz. Welchen Anreiz setzt ein Land bei der Einwanderung? Wir sind ein Land, wo man sehr hohe Steuern bezahlt. Da ist gleich einmal die Hälfte vom Einkommen weg. Wenn jemand sagt, er möchte etwas leisten und etwas verdienen, geht er nicht nach Österreich. Aber die Menschen finden sofort ihr Netz in der Mindestsicherung. Das ist nicht der Anreiz den ich bei der Einwanderung setzen will.

Asyl ist eine völlig andere Schiene. Asyl heißt Menschen zu helfen, die verfolgt werden und sich nicht wehren können. Meine Tochter hat viele Freunde, deren Eltern aus dem Ausland zu uns gekommen sind und sich alle etwas aufgebaut haben. Genau diese Leute sollen wir einladen und holen. Ich glaube, diesen Zugang - den sich die Briten erkämpft haben - sollte man eigentlich in allen Ländern der Europäischen Union umsetzen.

Griss

Momentan ist das natürlich eine Kooperation auf europäischer Ebene in der Flüchtlingsfrage. Das können wir nur gemeinsam lösen. Da gibt es keinen erfolgversprechenden Alleingang. Ich finde ja den Alleingang mit der Westbalkankonferenz kurzsichtig. Man kann doch nicht sagen, das ist das Problem der Griechen, weil die Flüchtlinge dort ankommen. Wollen wir, dass der griechische Staat endgültig kaputt geht? Auch die Dominotheorie ist für mich zutiefst inhuman. Unsere Politiker haben gesagt, wenn wir die Grenzen zumachen, müssen das die anderen auch. Bei Domino geht es doch um das Umfallen von Steinen. Und wer fällt denn da um? Die Menschen, die unterwegs sind. Daher finde ich das absolut inakzeptabel. Das sind politische, taktische Ansagen, und ich finde, das gehört sich nicht.

Österreich muss sich auf europäischer Ebene auch massiv dafür einbringen, dass die Menschen in der Nähe ihrer Herkunftsländer gut versorgt werden. Und dafür, dass eine Entwicklungshilfepolitik gemacht wird, die den Menschen wirklich etwas bringt - eine Verbesserung der Chancen im eigenen Land.

Außerdem brauchen wir in ganz Europa eine Bildungsoffensive. Mit Schwergewicht auf den technischen Fächern. Noch ist die EU der größte Wirtschaftsraum der Erde, fällt aber gegenüber den aufstrebenden Staaten in Asien zurück.

Hundstorfer

Eines der dringlichsten Themen bei denen es eine gesamteuropäische bzw. internationale Lösung braucht ist sicherlich die Flüchtlingssituation. Es muss klar sein, dass ein paar europäische Länder, denen auch Österreich angehört, die auf uns zukommenden Herausforderungen nicht alleine bewältigen können. Das wichtigste ist, an einem Waffenstillstand in Syrien mitzuhelfen und dort mit dem Wiederaufbau zu beginnen. Wir müssen auch über das UNO-Flüchtlingsnetzwerk versuchen, den Geflüchteten in Jordanien und im Libanon zu helfen.

Die Europäische Union ist ein großes Friedenswerk. Ich wurde im zweiten Weltkrieg geboren, habe aber das Glück gehabt, in einem Österreich aufzuwachsen, das seit dem Jahr 1945 keinen Krieg mehr erlebt hat. Das gilt leider nicht für unseren ganzen Kontinent. Ein Blick nach Osten oder Südosten, zeigt uns, dass es außerhalb der EU zu furchtbaren kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen ist und noch immer kommt. Das europäische Friedensprojekt will ich mit all meinen Kräften unterstützen, denn ich möchte eine sichere Zukunft für die nächsten Generationen. Aber meine Erfahrung, politische Versiertheit und staatsrechtliche Kompetenz verschaffen mir die Chance auch andere wichtige Anliegen zu vertreten und unseren Interessen international Gehör verschaffen.

2016, Politik auf einen Blick, Wien
Unterstützt von Webnode
Erstellen Sie Ihre Webseite gratis! Diese Website wurde mit Webnode erstellt. Erstellen Sie Ihre eigene Seite noch heute kostenfrei! Los geht´s