Eine Aufgabe des Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin ist laut der Internetseite der österreichischen Präsidentschaftskanzlei der Ausgleich zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen. Wie würden Sie im Hinblick auf die Flüchtlingsthematik an diese Aufgabe herangehen?
Eine Aufgabe ist sicher, diesen Ausgleich herzustellen, aber ebenso wichtig ist es, auf die Einhaltung der Bundesverfassung zu drängen. Ich persönlich halte mehrere Dinge, die zurzeit in Österreich passieren, für verfassungswidrig. Nämlich etwa die sogenannte Obergrenze. Jeder, der Asyl beantragt, hat zumindest das Recht ein faires Verfahren zu bekommen. Man kann ihm auch nicht sagen: OK, wir werden das prüfen, aber irgendwann. Das habe ich von der Bundesregierung auch schon gehört. Das ist das Gegenteil von Integration, nebenbei gesagt.
Ich würde versuchen, ein bisschen Nüchternheit in die Debatte zu bringen. Diffuse Ängste sind ein schlechter Ratgeber. Gleichzeitig müssen wir uns den Problemen stellen. Jemand aus dem Nahen Osten kommt aus einem Umfeld, das mit einiger Wahrscheinlichkeit anti-israelisch eingestellt war. Wir brauchen es nicht, dass sich jemand antisemitisch äußert. Das ist eine Integrations- / Erziehungsaufgabe und das wird uns die nächsten 20 Jahre beschäftigen. Ähnliches gilt bei der Gleichstellung von Mann und Frau. Da haben wir unsere Regeln, und wir müssen darauf drängen, dass die auch eingehalten werden. Das ist keine diffuse Angst, das ist eine realistische Erwartung.
Das Wichtigste in der Politik und im Leben ist, niemals Hass zu entwickeln. Man muss den Leuten sagen, schuld sind nicht die, die kommen, sondern diejenigen, die unter der Vorspiegelung falscher Tatsachen Menschen eingeladen haben.
Der Bundespräsident ist immer eine Leitfigur und muss mit einer klaren Linie sagen, wohin sich Österreich bewegen muss. Wenn er sich unaufgeregt, mit klarem Kopf einbringt, dann ist er das Vorbild, das Menschen auch brauchen. Ich glaube, es ist wichtig, dass die Menschen wieder stolz sind Österreicher zu sein, ohne zu sagen, andere Länder sind schlechter. Das ist nämlich etwas ganz Negatives.
Ich würde einmal die Themen klar ansprechen. Die Menschen, die zu uns kommen, sind in Not. Denen muss man helfen, und viele wollen auch helfen. Ich würde aber genauso die Befürchtungen und Ängste unserer Leute ansprechen. Beides ist vorhanden. Ich würde um Verständnis füreinander werben und würde auch die Politik auffordern, den Leuten konkret zu sagen, was wir tun können, und was wir tun. Also die Karten auf den Tisch legen. Ich bin überzeugt, dass man einem großen Teil der Menschen die Ängste nehmen kann. Ich glaube, ein Grund für diese Spaltung der Gesellschaft ist, dass das Thema so lange weggeschoben wurde. Dass so getan wurde, als gäbe es kein Problem. Nur die FPÖ hat das angesprochen. Sie hat den Eindruck erweckt, es gäbe eine einfache Antwort. Die gibt es aber nicht. Die Aufgabe der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten wäre, das Problem klar zu benennen und deutlich zu sagen, welche Möglichkeiten wir haben. Ich würde auch für das Verständnis untereinander werben, denn nur dadurch können wir Probleme bewältigen.
Hundstorfer
Vorne weg muss gesagt werden, dass die österreichische Bevölkerung und die Sicherheits- bzw. Einsatzkräfte im letzten Jahr eine herausragende Kraftleistung bei der Betreuung der Flüchtlinge erbracht haben. Jedoch ist auch klar, dass dieses Engagement nicht ins unendliche potenzierbar ist. Deswegen hat die Regierung mit dem Richtwert bei der Aufnahme ein wichtiges Signal nach Innen und Außen gesetzt. Als Bundespräsident würde ich mich für eine starke, tragfähige europäische Lösung für die Flüchtlingssituation einsetzen. Auf nationaler Ebene poche ich auf einen sachlichen Dialog in diesem Thema. Die Radikalität der heutzutage leider sehr beliebten populistischen Politik führt hier zu keinen Antworten. Es ist wichtig, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen und diese nicht zum politischen Spielball verkommen zu lassen.
Khol
Die aktuelle Flüchtlingsproblematik erfordert einen Schulterschluss zwischen Bundespräsident und Regierung. Alle müssen zusammenarbeiten und ich habe schon bewiesen, dass ich überparteilich handeln und zwischen den Parteien vermitteln kann. Wir haben humanitäre Hilfe all jenen Menschen zu leisten, die aufgrund von Krieg und Vertreibung, ihre Heimat verloren haben. Österreich hat im Jahr 2015 im europäischen Vergleich weit überdurchschnittliche Hilfe geleistet. Beispielhaft war der Einsatz zigtausender freiwilliger Helfer. Der Einsatz der NGOs war hervorragend. Sie sind daher auch entsprechend zu unterstützen. Auch meine Frau Heidi unterrichtet ehrenamtlich eine irakische Frau mit ihren Kindern in Deutsch.