Das neue Staatsschutzgesetz tritt im Juli 2016 in Kraft. Die Entscheidung, ob die Überwachung von Personen gerechtfertigt ist, unterliegt damit der Kontrolle eines Rechtschutzbeauftragten. Dieser wird von der Regierung vorgeschlagen und vom Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin bestätigt. Halten Sie diese Kontrolle für ausreichend? Sollte sie besser einer/m RichterIn unterliegen?
Ich halte sie für nicht ausreichend. Wir hatten gerade eine negative Erfahrung mit einem Beauftragten im Zusammenhang mit dem KZ Mauthausen. Da hat einer im Internet gepostet, dass Mauthausenflüchtlinge 1945 nicht KZ-Häftlinge, sondern Verbrecher gewesen wären. Der Beauftragte hat keinen Einspruch eingelegt und damit ist die Geschichte juristisch sozusagen erledigt. Insofern fürchte ich, eine Person allein, mag sie noch so qualifiziert sein, reicht nicht aus. Es braucht eine richterliche Kontrolle mit Berufungsmöglichkeit.
Der Bundespräsident muss den Rechtschutzbeauftragten nicht bestätigen. Wenn er gute Gründe hat, den Vorschlag abzulehnen, muss die Bundesregierung einen neuen Vorschlag machen. Das ist ein feiner, aber nicht unwichtiger Unterschied.
Mir gefällt das Gesetz insgesamt nicht. Staatsschutzgesetz ist ein schöner Name, aber es ist ein Überwachungsgesetz. Unter dem Vorwand, wir brauchen sie zur Terrorbekämpfung, wird die Überwachung immer stärker - bis in den privatesten Bereich. Es zeigt sich aber in allen Ländern, die diese Gesetze haben, dass man den Terror nicht bekämpft hat, sondern die Bürger intensiver Überwacht werden. So eine Überwachung von einer Person kann nur von einem Richter auf Schiene gesetzt werden. Da muss wirklich ein sehr begründeter, harter Tatverdacht vorliegen, dass man hier in den privaten Bereich eingreift.
Ich war ja Richterin über 30 Jahre und bin davon überzeugt, dass ein unabhängiger Richter da die beste Adresse ist. Es hängt natürlich auch beim Rechtsschutzbeauftragten von der Persönlichkeit ab - wie er das macht. Da kann es gewaltige Unterschiede geben. Aber ich glaube, in einem Rechtsstaat sollte man für solch sensible Aufgaben einen Richter einsetzen. Wir haben ja Gott sei Dank eine Justiz, in der Gerichte wirklich unabhängig sind. Das hielte ich für die bessere Lösung.
Hundstorfer
Der Rechtsschutzbeauftragte ist dazu verpflichtet, auf Wunsch des geheimen Unterausschusses im Nationalrat hin, diesen Rede und Antwort stehen. Anders als bei einer rein richterlichen Kontrolle ist durch die gewählte Konstruktion eine nachträgliche parlamentarische Kontrolle möglich. Mit dem Einsetzen eines unabhängigen Rechtsschutzsenats im Innenministerium, dem mindestens ein Richter bzw. Staatsanwalt mit zehnjähriger Berufserfahrung angehören muss, ist auch die richterliche Kontrolle gestärkt.
Khol
Das Polizeiliche Staatsschutzgesetz soll die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des Staatsschutzes regeln. Ein moderner Staatsschutz muss den Anforderungen von Freiheit und Sicherheit entsprechen. Demnach muss der polizeiliche Staatsschutz größtmögliche Sicherheit auf der Basis eines umfangreichen Rechtsschutzes gewährleisten können. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es einer Überprüfung bedarf, ob die gesetzlichen Rahmenbedingungen, denen die österreichischen Staatsschutzbehörden unterliegen, den aktuellen Herausforderungen standhalten.
Im Bundesministerium für Inneres ist ein Rechtsschutzbeauftragter mit der erforderlichen Anzahl an Stellvertretern eingerichtet, der bei der Besorgung der ihnen zukommenden Aufgaben unabhängig und weisungsfrei sind, sowie der Amtsverschwiegenheit unterliegen.
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